Bilder ohne Text sind kein Comic – Text ohne Bilder ist kein Comic. Man benötigt beides, um seine Geschichte zu erzählen (auch wenn es genügend Ausnahmen gibt, die die Regel bestätigen) und das Lettering verbindet beide Aspekte. Sprechblasen bauen ist daher der erste Schritt in dieser Verbindung.
Sprechblasen sind ebenso praktisch, um ein Comic zu lesen, wie es ikonografisches Element, das jeder versteht, selbst wenn er noch nie ein Comic in der Hand gehalten hat. Sie richtig zu erstellen, in die Comicseite zu integrieren, ohne sie aufgesetzt wirken oder gegen die Zeichnungen arbeiten zu lassen, und mit Schrift zu füllen, die im Kontext der Story, der Charaktere und der Persönlichkeit der Zeichnerin/des Zeichners steht, wird uns in den kommenden Lektionen im Aicomic-Zeichenkurs ausführlich beschäftigen. Das Lettering, also die Schriften, die man verwendet und wie man sie anordnet, ist zugleich Teil des Layouts, Teil der Story und Teil des Designs und doch auch seine ganz eigene Disziplin, die wie eben jene anderen Teile auch nicht lapidar behandelt werden darf.
Sprechblasen bauen am Computer und per Hand
Wenn das Script geschrieben, die Charaktere designt, die Seiten gelayoutet, gezeichnet, geinkt und koloriert wurden, wird es Zeit, den Text ins Comic zu bringen. Die Sprechblase ist die klassische Variante dies zu tun (sicherlich aber nicht die einzige) und wie bei den meisten Arbeiten im Comic, gibt es auch hier viele verschiedene Möglichkeiten.
Sprechblasen per Hand: Letterer haben früher direkt auf den Comicseiten die Word Balloons mit Schablonen aufgetragen. Kurvenlineale und vorgefertigte runde oder ovale Schablonen bekommt man in jedem Zeichenbedarf, der Umgang ist denkbar einfach. Man schreibt den Text in Bleistift vor, um zu sehen, wie viel Platz man benötigt, legt die Schablone auf und führt den Stift an ihrem Rand entlang – man muss nur aufpassen, den Zeiger, auf Englisch „Tail“, der zu der sprechenden Person führt auszusparen, um ihn später ohne Lineal (oder mit einem geraden) anzufügen. Die verschiedenen Comicstile gehen auch unterschiedlich damit um: Besonders im Manga sieht man heute noch viele per Hand gezeichnete Sprechblasen, die Amerikaner sind fast vollständig auf den Computer umgestiegen und franko-belgische BDs verwenden oftmals eine Mischung.
Sprechblasen per Computer: Speech Bubbles am Rechner zu erstellen ist mittlerweile der Standard geworden, wobei es hier deutliche Unterschiede in der Bedienung der Programme gibt, die im folgenden erklärt werden. Eines vorweg: Es gibt auch Templates für Sprechblasen und Schriftarten, die unterschiedliche Formen bieten – ich selbst halte von ihrer Verwendung nicht viel. Wenn jemand damit gut auskommt, ist das sicherlich eine gute und schnelle Möglichkeit, Sprechblasen zu bauen, doch ich finde sie unpersönlich und schwierig zu verwenden.
Layout Programme für Sprechblasen
Es gibt unzählige Layout-Programme, die alle auf ihre Weise Sprechblasen erstellen lassen. Neue Software-Versionen bieten neue Möglichkeiten und jede Zeichnerin und jeder Zeichner muss prinzipiell selbst herausfinden, wie sich die Programme so bedienen lassen, dass man mit ihnen klarkommt. Trotzdem sollen hier einmal einige Programme und einige Arbeitsschritte erklärt werden, um einen ersten Eindruck zu liefern, den man dann verfeinert werden können.
Sprechblasen in Photoshop: Als Zeichen- und Mal-Software sind alte Photoshop-Versionen nicht unbedingt geeignet, um Sprechblasen ohne Qualitätsverluste zu erstellen – neuere Versionen haben Layout-Funktionen integriert, die es allerdings erleichtern. Möchte man Sprechblasen zeichnerisch bauen, kann man jedoch in alten wie neuen Versionen so vorgehen:
1. Man nimmt sich das Werkzeug für die Kreis-Auswahl und zieht ein Oval.
2. Die Auswahl wird mit Schwarz gefüllt.
3. Die Auswahl wird um ein paar Pixel verkleinert und mit Weiß gefüllt.
4. Mit dem Polygon-Lasso erstellt man den Tail-Schniepel an der Sprechblase als eine Art Dreieck. Man füllt auch das Dreieck schwarz, verkleinert die Auswahl und füllt sie nun wieder mit Weiß.
5. Dort, wo sich Oval und Schniepel überlagern, wird nun die entstandene Kante weiß übermalt.
Sprechblasen in Freehand: Macromedias Layout Programm gilt als veraltet und wird nicht mehr geupdatet – dennoch bieten die alten Programmfunktionen ziemlich gelungene Optionen, Sprechblasen einfach, schnell und vor allem individuell zu bauen. Wer also diese Software noch sein Eigen nennt, sollte sie nicht wegwerfen, denn nötigenfalls kann man die hier erstellten Vektor-Graphiken noch anderswo einbinden, in ein PDF verwandeln oder als Pfad exportieren.
1. Wir nehmen uns das Rechteck-Tool und stellen es auf ein Oval um. Dieses ziehen wir dann auf die gewünschte Größe und Form. Man sollte darauf achten, eine weiße Füllung und einen schwarzen Rahmen in den Grundeinstellungen angegeben zu haben, bevor man die Sprechblase baut.
2. Mit dem Bezigon-Tool erstellen wir nun den Schniepel und legen ihn dorthin, wo der Zeiger am Besten zur Figur weist.
3. Wenn man will, kann man auch noch ein weiteres Oval dazu legen – je nachdem, wie viel die Charaktere sagen.
4. Man markiert alle zur Sprechblase gehörenden Objekte und geht dann in der Menüleiste auf „Zusammenfassen“ und „Einheit“ – die Objekte sind nun eins und die Überschneidungen verschwunden.
5. Wer mag, kann nun auch noch den Tail verbiegen, wie es in manchen Comics regelmäßig zu sehen ist. Hierzu markiert man die Punkte am Schniepel und zieht an den Rändern, so dass die Anfasser erscheinen, die man dann nun wieder in sämtliche Richtungen verbiegen kann.
6. Gedankenblasen funktionieren übrigens genauso: Man erstellt ein Oval und legt viele kleine Ovale über den Rand.
7. Wenn man nun eine Einheit bildet, hat man eine gleichzeitig genaue und doch abwechslungsreiche Gedankenblase.
8. Für eine Sprechblase, in der geschrieen oder gerufen wird, kann man ebenso verfahren, dann allerdings mit dem Bezigon-Tool, das um ein Oval Zacken bildet. Man kann aber auch direkt zackige Punkte anordnen, die dann später einzeln in die richtige Position gerückt werden.
Sprechblasen in InDesign: Auch im Adobe Layout Programm lassen sich Sprechblasen bauen, die zudem auch im nächsten Schritt, dem Lettering, einen Vorteil haben. Bei dieser Software kann man einen immer gleichbleibenden Abstand von Schrift zu Rahmen einstellen und somit noch genauer arbeiten. Dafür wird der Zeiger nicht so schön und gerade bei Gedankenblasen halte ich den Umgang mit dem Programm für nicht eben einfach. Einfach Sprechblasen bauen allerdings funktioniert ganz hervorragend.
1. Man nimmt das Text-Tool und stellt es auf ein Oval ein. Dies zieht man an die gewünschte Position.
2. Man wechselt in das weiße Pfeil-Symbol, wodurch die Punkte des Ovals erscheinen. Nun nimmt man das wie eine Feder aussehende Werkzeug, um Punkte hinzuzügen. Drei neue Punkte werden entlang der Linie des Ovals in gutem Abstand angesetzt.
3. Mit dem weißen Pfeil zieht man den mittleren dieser drei Punkte heraus und „schniepelt“ auf diese Weise die Sprechblase in InDesign.
4. Nun muss man nur noch – wenn man das noch nicht für das Text-Tool allgemein gemacht hat – dem Oval samt Tail noch eine Füllfarbe und eine Umrandungsfarbe zuweisen.
Lettering und Texten
Neben diesen Programmen gibt es noch eine Vielzahl anderer, die ebenfalls verwendet werden können, wenn man die Funktionsweise herausgefunden hat. Zu nennen wäre natürlich das kostenlose GIMP beziehungsweise GIMPShop oder auch Spezialprogramme wie Manga Studio von Globell, das noch viele weitere Möglichkeiten bietet, die Zeichnungen am Computer zu bearbeiten.
Wenn die Sprechblasen gebaut sind, müssen sie logischerweise noch mit Text gefüllt werden. Daher werden wir uns in der nächsten Lektion beim Aicomic-Zeichenkurs zum einen mit der Platzierung des Textes innerhalb der Sprechblase beschäftigen, wie auch mit der Positionierung der Sprechblasen auf der Comicseite beziehungsweise im Panel.
Bis dahin: Viel Spaß beim Zeichnen!
Weiterführende Links
http://www.globell.com/PC-Software/Grafik-und-Video/Animation/244/Manga-Studio-4-Debut
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