Zeichenkurs, Lektion 22: Lettering 3 – Comic-Fonts für Text und Sound

Mit dem richtigen Comic-Font kann man Figuren charakterisieren, Stimmungen wiedergeben und der Story eine Richtung geben. Andere Schriftarten sind ideal für Soundwörter oder Überschriften, Titel oder Logos – man sollte sich eine große Bibliothek mit Schriften anlegen, um den gewünschten Effekt jederzeit einsetzen zu können und vielleicht wird man durch sie auch zu neuen Ideen inspiriert.

Comic-Schriften © Daniel Gramsch/Aicomic

Bei der Vielzahl an sowohl kostenlosen Schriften als auch Bezahl-Fonts hat man nicht nur eine immense Auswahl, sondern auch die buchstäbliche Qual der Wahl. Um den richtigen Font im richtigen Moment anwenden zu können, muss man sich sehr genau mit ihnen beschäftigen und wissen, wie sie sich gleichsam „anfühlen“: Einige Schriften sehen klasse aus, sind aber für Sprechblasen denkbar ungeeignet. Andere weisen keine Umlaute auf, was bei Comics auf Deutsch immer etwas schwierig ist. Weitere könnten gut aussehen, laufen aber merkwürdig; will sagen: die Abstände zwischen den Buchstaben passen nicht. In einem solchen Moment muss man selbst Hand an den Font legen, soweit dies möglich ist. In der heutigen Lektion im Aicomic-Zeichenkurs sehen wir uns ein paar Schriften an, die allgemein für diese schier unbegrenzte Zahl an Fonts stehen, und besprechen ihre Vor- und Nachteile. Am Ende gibt es dann noch eine Liste mit Webseiten, auf denen man gute Fonts kostenlos findet.

Comic-Fonts für Sprechblasen

Eine der herausragendsten Eigenschaften von Comic-Schriften ist, dass man nur durch die gewählte Schriftart in Sprechblasen die Eigenheiten der Charaktere herausarbeiten und dem Tonfall des Gesagten Nachdruck verleihen kann. Fonts für Soundwörter können auch auf bildlicher Ebene die Vorstellung eines  Geräuschs unterstützen und Schriften für Logos weisen auf Inhalt und Genre der Geschichte hin.

Man muss sich nicht an die hier vorgestellten Schriften halten, sondern sollte sich eigene suchen, die besonders gut zur eigenen Geschichte passen und dabei gut lesbar sind. Dennoch komme ich besonders bei Sprechblasen mit den folgenden Fonts sehr gut aus und werde einfach mal ihre Vorteile und auch ihre Nachteile erörtern.

Comic-Sans Beispiel © Daniel Gramsch/Aicomic

Doch beginnen wir mit einer der vermutlich wichtigsten Regeln bei der Auswahl von Comic-Schriften: Man sollte niemals Comic-Sans verwenden. Diese Schrift befindet sich auf so ziemlich jedem Windows-Rechner und ist bei den meisten ZeichnerInnen die erste Wahl, da sie einerseits durch ihren Namen überzeugt und andererseits auch irgendwie nach Comic aussieht. „Irgendwie“ ist hier das Zauberwort – die Schrift sieht aus, als hätte eine Maschine versucht per Hand zu schreiben. Sie ist leblos und was noch viel schlimmer ist, sie ist überstrapaziert worden. Kaum ein Second-Hand-Store, eine Fischerkate, Resterampe, Imbissbude oder von Tante Helga geschriebenes Geburtstagsgedicht ohne Comic-Sans… „Finger weg“ ist für diese Schrift zu milde ausgedrückt, zumal es 100.000 andere Comic-Schriften gibt, die man sich in seinen Fonts-Ordner laden und verwenden kann.

Zud Juice Beispiel © Daniel Gramsch/Aicomic

A.C.M.E. Secret Agent © Daniel Gramsch/Aicomic

Zum Beispiel „Zud Juice“ aus dem Hause Blambot (mehr dazu weiter unten): Eine zackige aber klassische Comicschrift, die sich gut in Detektiv- oder Abenteuergeschichten macht. Sie läuft sehr gut, hat aber leider keine Umlaute. Dafür lässt sie sich aber mit ein bisschen Mühe mit „A.C.M.E. Secret Agent“ (ebenfalls Blambot) kombinieren, die prinzipiell etwas breiter und gröber ist, deren Umlaute aber – wenn man sie eine Größe kleiner einstellt – kaum aus dem von Zud Juice vorgegebenen Rahmen fallen.

Marydale Beispiel © Daniel Gramsch/Aicomic

Möchte man es etwas filigraner, so ist die „Marydale“ von Three Island Press eine gute Wahl. Dieser Bezahl-Font sieht im übrigen mit Kleinbuchstaben wie ein Eintrag  im Tagebuch aus oder wie eine kurze Notiz auf einem Post-It. In Großbuchstaben funktioniert er auch gut im Comic.

Mighty Zeo Beispiel © Daniel Gramsch/Aicomic

Eine weitere hübsche Schrift für Kleinbuchstaben ist die „Mighty Zeo“ (Blambot), mittlerweile auch in Version 2.0 zu haben. Meiner Meinung nach kann man damit gut im Manga Bereich arbeiten – ich glaube aber auch eine ähnliche Schrift schon in einem Spider-Man Heft gesehen zu haben.

Cracked Johnnie Beispiel © Daniel Gramsch/Aicomic

Die bisherigen Schriften waren relativ traditionell – was aber, wenn ein Dämon spricht, ein Alien oder ein Geist? Eine alte Frau oder ein Kind? Auch hierfür kann man sich Fonts ansehen, die unkonventionell und zur Situation passend den Figuren ein Eigenleben verschaffen. Hier als nur ein Beispiel die Schrift „Cracked Johnnie“ von pOPdOG FONTS.

Schriften für Soundwörter

Das nächste große Feld bei den Comic-Fonts sind natürlich die Soundwörter: Wenn es schon bei Text-Schriften eine überwältigende Masse an Möglichkeiten gibt, so ist die Auswahl bei Sounds schon beinahe absurd. Für jedes Geräusch findet sich nicht nur ein Wort (oder zumindest eine Buchstabenfolge), sondern auch eine passende Art, es bildlich darzustellen. Auch hierzu einige Beispiele:

Candles Beispiel © Daniel Gramsch/Aicomic

Bloody Beispiel © Daniel Gramsch/Aicomic

Ein Feuer oder eine Lunte lässt sich gut mit „Candles“ darstellen, ein Schrei, bei dem einem das Blut in den Adern gefriert, mit „Bloody“ (James Fordyce).

Winter in Gotham Beispiel © Daniel Gramsch/Aicomic

BlamBlam Beispiel © Daniel Gramsch/Aicomic

Verschiedene Schusswaffen können auch mit verschiedenen Schriftarten ausgedrückt werden – dabei kann man sogar die zeitliche Periode andeuten, in der die Geschichte spielt. Bei der Auswahl orientiert man sich neben dem Klang des Geräuschs auch an historischen Darstellungen aus zum Beispiel Pulp-Magazinen, Comics aus den 30ern oder Science Fiction Illustrationen etc. Die beiden Beispiele hier sind „Winter in Gotham“ und „BlamBlam“ (beide Blambot).

Lizenzen für Schriftarten und Links zu Fonts

Wer sich Fonts kauft, erwirbt damit das Recht, die Schriften kommerziell nutzen zu können, wer aber Free Fonts herunterlädt, sollte sich die Lizenzvereinbarungen ansehen. In vielen Fällen sind die Künstler, die die Schriften erstellen, darauf bedacht, einige Fonts kostenlos zur Verfügung zu stellen und andere zu verkaufen – jeder verwendete Font ist also Werbung für sie und gespartes Geld für uns Comiczeichner. Da auch in unserer überschaubaren Szene eine Hand immer noch die andere wäscht, ist es nur fair, im Impressum oder an anderer geeigneter Stelle zu erwähnen, woher man die Schriften hat und wer sie gestaltete.

Wie schon bei der Erlärung der Beispiele gesehen, gibt es viele Stellen, an denen man mit Comic-Fonts versorgt wird. Mein persönlicher Lieblingsfontersteller ist Nate Piekos von Blambot, der wirklich zu jedem Thema die passende Schrift liefert. Einige müssen bezahlt werden, aber eine Unmenge an Material kann auch so genutzt werden.

Font Sammlungen sind auch sehr gut, wenn sie thematisch sortiert sind (man kann problemlos mehrere Nachmittage damit verbringen, sich nur die einzelnen Schriften anzusehen, sie zu testen und zu speichern, falls man sie einmal braucht). Daher hier jetzt eine kleine Liste mit Links zu guten Font-Seiten.

Blambot – Nate Piekos professionell selbst erstellte Comicschriften

pOPdOG – ältere Seite mit noch immer interessantem Material

dafont – Font Sammlung mit sehr genauer Unterteilung

Urban Fonts – hier kann man immer mal etwas gutes finden

1001 Fonts – auf den ersten Blick etwas unaufgeräumt, dafür ist der Name aber Programm

Comicbook Fonts – kostenpflichtige und professionelle Schriften von Richard Starkings und John Roshell

In der kommenden Lektion unseres Online-Zeichenkurses werden wir uns dann noch einmal Überschriften, Titel und Logos genauer ansehen und damit den Lettering-Abschnitt beenden.

Bis dahin: Viel Spaß beim Zeichnen!

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